Im Jahr 2023 wurden etwa die Hälfte der Fläche der Bundesrepublik Deutschland – rund 16,6 Millionen Hektar – landwirtschaftlich genutzt. Davon entfielen 70,2 % auf Ackerland, 28,5 % auf Dauergrünland und 1,2 % auf Dauerkulturland. Diese umfangreiche Nutzung bietet wildlebenden Tieren ein saisonal verfügbares Futterangebot, das sie anzieht und somit zu erheblichen Wildschäden führt. Für die betroffenen Jagdausübungsberechtigten entsteht dadurch eine weitreichende Schadensersatzpflicht.
Landwirtschaftliche Herausforderungen
Die landwirtschaftlich genutzten Flächen sind aufgrund des hohen Futterangebots für Wildtiere besonders attraktiv. Wildschweine beispielsweise durchwühlen Weiden, um Würmer und Engerlinge zu finden, was zu zwei wesentlichen Problemen führt:
Ertragsausfälle: Das intensive Durchwühlen der Weiden kann den Heuernteertrag erheblich beeinträchtigen.
Maschinenschäden: Die dabei entstehenden tiefen Löcher im Boden können zu Schäden an landwirtschaftlichen Maschinen führen.
Aufgrund der oft weiträumigen Anziehungskraft und der Flächengröße – teils mehrere hundert Hektar – gestaltet sich eine umfassende Bejagung als nahezu unmöglich. Daraus ergibt sich die dringende Notwendigkeit, mit den Landwirten eng zusammenzuarbeiten, um präventiv und reaktiv auf die Schäden einwirken zu können.
Forstwirtschaftliche Auswirkungen
Im Wald treten Wildschäden ebenfalls in unterschiedlicher Form auf:
Verbissschäden an Jungbäumen: Wildtiere, wie zum Beispiel Rehe, Rotwild, Damwild, Schwarzwild verursachen Schäden, indem sie die Terminalknospe der Jungbäume abbeißen. Dies führt zur Zwieselbildung, da der Baum anstelle eines geraden Wuchses zwei neue Triebe ausbildet. Das Resultat ist ein verlangsamtes, oft ungleichmäßiges Wachstum – ein erheblicher forstlicher Nachteil.
Natürliche Bodenverwundung: Andererseits kann das Aufbrechen des Bodens durch Schwarzwild im Wald zu einer natürlichen Bodenverwundung führen, die das Abwerfen und die Vermehrung von Bucheckern, Eicheln und Samen begünstigt. Während dies forstwirtschaftlich positive Effekte haben kann, wirken sich ähnliche Aktivitäten im Grünland negativ aus.
Rechtliche Rahmenbedingungen in NRW
Die Schadensregulierung bei Wildschäden in Nordrhein-Westfalen basiert auf spezifischen gesetzlichen Regelungen, die insbesondere den Jagdausübungsberechtigten betreffen. Wichtige Regelwerke sind unter anderem:
Landesjagdgesetz NRW: Dieses Gesetz legt die Grundlagen für den Umgang mit Wildtieren fest und definiert die Pflichten sowie die Schadensersatzansprüche der Jagdbehörden und der Jagdausübungsberechtigten.
Wildschadensverordnung NRW: Diese Verordnung konkretisiert das Verfahren zur Schadensmeldung, Beweissicherung und Berechnung des zu leistenden Ausgleichs.
Grundsätzlich gilt der Grundsatz der Verursacherhaftung: Verursacht das Wild Schäden, ist der jeweils zuständige Jagdausübungsberechtigte verpflichtet, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies unterstreicht die Verantwortung der Jägerschaft, den Wildbestand aktiv zu regulieren.
Kooperation als Lösungsansatz
Da die überwiegend großflächige landwirtschaftliche Nutzung die Bejagung erschwert, ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Jägerschaft unabdingbar.
Anlage von Jagdschneisen: Durch das gezielte Anlegen von Jagdschneisen kann verhindert werden, dass Wildtiere unbemerkt vom Wald in die Felder wechseln.
Regulierung des Wildbestandes: Eine konsequente Wildbestandsregulierung durch die Jagd ist essenziell, um die wirtschaftlichen Schäden in Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft zu minimieren.
Unterbleibt diese Regulierung, können die Wildschäden nicht nur lokale Betriebe in Mitleidenschaft ziehen, sondern auch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf die Volkswirtschaft insgesamt haben.
Fazit
Die aktuellen Herausforderungen durch Wildschäden in NRW machen deutlich, dass ein ausgewogenes Zusammenspiel von Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Jagd notwendig ist. Die gesetzlichen Grundlagen, insbesondere das Landesjagdgesetz NRW, verpflichten die Jagdausübungsberechtigten zum Ausgleich der Schäden. Nur durch eine enge Kooperation und präventive Maßnahmen wie das Anlegen von Jagdschneisen kann langfristig ein tragfähiger Schutz für die Wirtschaft und die natürlichen Ressourcen sichergestellt werden.